Vernichtungskrieg. Gedenken zum 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion am 22. Juni

8. Juni 2021

Am 22. Juni 2021, genau am 80. Jahrestag, organisiert ein breites Heidelberger Bündnis die Gedenkveranstaltung „Vernichtungskrieg. Der deutsche Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941. Erinnerung und Mahnung zum Frieden“. Beginn ist um 18 Uhr auf dem Universitätsplatz Heidelberg. In Redebeiträgen wird an die Grausamkeiten des Krieges, die ungeheuren Opfer, das Leid von ZwangsarbeiterInnen auch in Heidelberg und die deutsche Verantwortung für den Frieden erinnert, aber auch an den antifaschistischen Widerstand. Kulturelle Beiträge gibt es u.a. von Michael Csaszkóczy (Gitarre, Gesang) und Rike Fießer (Querflöte), Bernd Köhler (Gitarre, Gesang) und dem Schauspieler Jean-Michel Räber (Gedichte von Bertolt Brecht, Mascha Kaléko …).

VeranstalterInnen: Friedensbündnis HD (Heidelberger Friedensratschlag, Forum gg. Militarismus u. Krieg und Bündnis „Stoppt den Waffenhandel!“, DFG/VK HD, Bunte Linke, DGB HD, DIE LINKE HD, Die Linke.SDS, DKP HD, Freidenker HD, VVN/BdA HD) und Pax Christi HD.

Im Folgenden dokumentieren wir den Aufruf zur Veranstaltung am 22. Juni.

VERNICHTUNGSKRIEG
Der deutsche Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941

Erinnerung und Mahnung zum Frieden

Am 22. Juni 1941 überfiel die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion. Der als rassenideologischer Vernichtungskrieg geplante Feldzug führte zu einer beispiellosen Brutalität in der Kriegsführung und der Besatzungspolitik. Hauptziel des deutschen Faschismus war die Ausmerzung des Sozialismus („jüdischen Bolschewismus“) sowie die Eroberung eines riesigen Kolonialreiches in Osteuropa bis zum Ural („neuer Lebensraum im Osten“), dessen rücksichtslose „Germanisierung“ und die Versklavung der zu „Untermenschen“ erklärten slawischen Völker.

Der Raub von Rohstoffen, Nahrungsmittel und Arbeitskräften sollte die Ressourcen schaffen, die das faschistische Deutschland zur Fortsetzung seines Kampfes um die Vormachtstellung in der Welt benötigte und gleichzeitig Versorgungsmängel für die deutsche Bevölkerung begrenzen. Der Hungertod von vielen Millionen Sowjetbürgern war einkalkuliert.

»Viele 10 Millionen von Menschen werden in diesem Gebiet überflüssig und werden sterben oder nach Sibirien auswandern müssen. Versuche, die Bevölkerung dort vor dem Hungertod zu retten … unterbinden die Durchhaltepolitik Deutschlands und Europas. Darüber muss absolute Klarheit bestehen.« (aus den „Richtlinien für die Führung der Wirtschaft in den neubesetzten Gebieten“ vom 23. Mai 1941)

Die Wehrmacht führte ihren Feldzug daher vom ersten Tag an mittels barbarischen Terrors gegen die Zivilbevölkerung. Musste sie sich zurückziehen, hinterließ sie „verbrannte Erde“. Deutsche Soldaten zerstörten von 1941 bis 1945 über 1700 Städte, 70.000 Dörfer, 32.000 Fabriken und 4000 Bibliotheken. Am Schlimmsten traf es Weißrussland, wo nahezu alle Städte in Schutt und Asche gelegt und im Zuge der Besetzung 2,2 Millionen Zivilisten und Kriegsgefangene ermordet wurden.

Insgesamt kamen bis zum Sieg über den deutschen Faschismus über 27 Millionen Sowjetbürgerinnen und Sowjetbürger ums Leben. Millionen sowjetischer Kriegsgefangener und ZwangsarbeiterInnen starben in deutschen Lagern. Der Überfall markierte zugleich den Beginn des Holocausts – die Ermordung der Jüdinnen und Juden in allen von Deutschland eroberten und besetzten Ländern.

Die Bestrebungen, „Lebensraum“ im Osten zu gewinnen hatte es schon im deutschen Kaiserreich gegeben und auch 1941 gab es von den herrschenden Kreisen breite Zustimmung. Nicht nur die Faschisten, nahezu alle entscheidenden Kräfte aus Politik, Wirtschaft und Militär standen einmütig und entschlossen hinter dem Überfall auf die UdSSR und waren vom Erfolg überzeugt.

Die Sowjetunion trug die Hauptlast des Kampfs gegen den Faschismus!

Doch Ende 1941 wurde der Vormarsch vor Moskau gestoppt. Ein Jahr später besiegelte dann die vernichtende Niederlage in Stalingrad die Wende im Zweiten Weltkrieg. Unter ungeheuren Opfern und Entbehrung leisteten die Bevölkerung der Sowjetunion und ihre Rote Armee den größten Beitrag zur Befreiung Europas von der Herrschaft des deutschen Faschismus.

Verpflichtung Deutschlands für Frieden und Entspannung

Aus dem verbrecherischen Krieg und seinen Opfern erwächst eine besondere geschichtliche Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber den Menschen in Russland: die Verpflichtung für die Nachfolgerin des „Dritten Reiches“, alles zu tun, damit von deutschem Boden kein Krieg mehr ausgeht, sondern eine Politik für Frieden und Entspannung.

»Wer als Deutscher über Russland und seine Menschen redet, auch über seine Politiker, seinen Präsidenten, muss im Gedächtnis haben, was heute vor 75 Jahren begann. Dann wird jede verletzende Arroganz verfliegen und sich das Bedürfnis regen, wenigstens einen Bruchteil des Horrors wieder gutzumachen.« (Erhard Eppler, ehem. Bundesminister (SPD) am 22.6.2016, zum 75. Jahrestag des Kriegsbeginns)

Die aktuell vorherrschende Politik Deutschlands geht jedoch in die entgegengesetzte Richtung. Gemeinsam mit seinen NATO-Verbündeten setzt sie auf Konfrontation, Einkreisung, Aufrüstung und Aufmarsch gegen Russland. Folgerichtig will sie auch die Erinnerung an den Raub- und Vernichtungskrieg im Osten Europas verblassen lassen. Skandalöser Weise wird es zum diesjährigen runden Jahrestag kein offizielles Gedenken geben. Stattdessen spielt Deutschland eine zentrale Rolle im Nato-Großmanöver Defender 21 in dessen Rahmen 28.000 NATO-Soldaten den Krieg gegen Russland an dessen Südgrenze üben.

Frieden in Europa und der Welt kann es nur mit und nicht gegen Russland geben!

Mit unserem Gedenken an den Beginn des Überfalls vor 80 Jahren und dem Erinnern an die deutschen Verbrechen in diesem Krieg, wenden wir uns gegen das Bestreben, die sich daraus ergebende Verpflichtung für die deutsche Politik vergessen zu lassen. Wir wollen damit unserer Forderung nach einer entschiedenen Friedens- und Entspannungspolitik Nachdruck verleihen. Auf die Tagesordnung gehört ein System gemeinsamer Sicherheit und kontrollierter Abrüstung in Europa und weltweit. Sicherheit für uns Menschen kann nicht durch Hochrüstung, Kriegsdrohungen und militärische Interventionen erreicht werden.

Wir brauchen eine neue Politik der Zusammenarbeit statt der Konfrontation!