30.3.1945: Befreiung Heidelbergs – Erinnerungen von Heiner Holle
30. März 2020
Vor 75 Jahren, am 30. März 1945, endete die Nazi-Diktatur in Heidelberg mit der Befreiung durch die US-Armee. Aus diesem Anlass veröffentlichen wir einen Auszug aus dem Erlebnisbericht des Gewerkschafters, Kommunisten und antifaschistischen Widerstandskämpfers Heiner Holle über die Befreiung Heidelbergs.
„Nach Stalingrad begriffen viele Menschen, daß an einen Endsieg nicht zu denken war. Im vertrautesten Kreis konnte man schon offener reden, wer aber in der Öffentlichkeit den geringsten Zweifel äußerte, war in höchster Gefahr. „Zersetzung der Wehrmacht“ hieß das, und darauf stand Todesstrafe.
Mit dem Attentat auf Hitler wollten diejenigen, die mit Hitler durch dick und dünn gegangen waren,„solange es gut ging“, von der Fahrt in den Abgrund abspringen. Die grausamen Verfolgungen und Racheaktionen steigerten sich bis zum Exzeß. Selbst Teile der Nazis hatten begriffen, daß es aus war, saßen aber in der Mausefalle. Öffentlich mußten sie ihr Glaubensbekenntnis an den Endsieg zum besten geben, heimlich richteten sie schon Fluchtwege und Schlupfwinkel ein.
Die Bevölkerung hoffte auf ein glimpfliches Ende des Krieges. In Heidelberg rechneten sie sich schon aus, daß es gut gehen würde. Die paar gefallenen Bomben spielten keine Rolle. Hier waren die Lazarette mit dem Roten Kreuz – man hoffte, daß dies eine wichtige gute Rolle spielen würde. Schließlich setzten sich Sanitätsoffiziere u. a. in Bewegung, um eine Übergabe der Lazarette und damit auch der Stadt an die Amerikaner zu bewerkstelligen.
[Am 30. März 1945] war es dann soweit, daß die Amerikaner sehr zögernd Heidelberg besetzten. An allen Enden und Winkeln lagen Berge von Militär- und Naziuniformen, die man loswerden wollte, man wartete lieber in Zivil daheim. In der ganzen Stadt erschienen dann Anschläge mit den Befehlen und Informationen der neuen amerikanischen Herren.
Das Kriegsrecht bestand weiter, das „Deutsche Reich“ hatte ja noch nicht kapituliert, nachts bestandAusgangssperre. Öffentliche Bedienstete mußten unter Androhung von Strafen ihren Dienst antreten und unterstanden den Militärbehörden. Auch die Kliniken wurden ebenfalls unter amerikanischen Befehl gestellt.
Die Lebensmittel waren nach wie vor rationiert. In den letzten Tagen vor der Übergabe hatten die Heidelberger auf ihre Lebensmittelkarten gekauft, was möglich war. Es gab üble Hortungen bei Händlern. Die Rationierung blieb – der Hunger auch. Kein Wunder, daß es zu Plünderungen an stehengebliebenen Eisenbahnwaggons usw. kam. „Not kennt kein Gebot.“
In den Wochen nach Ostern bis zur Kapitulation des Hitlerfaschismus spielte sich das Leben unter den neuen Bedingungen ein. Soldaten mußten sich melden und gingen in Gefangenschaft. Nazis mußten sich melden und durften keine leitenden Stellungen behalten.“
dokumentiert in: IG Metall, „…damit nichts bleibt wie es ist: dokumentiert in: IG Metall, „…damit nichts bleibt wie es ist: Dokumente zur Geschichte der Arbeiterbewegung in Heidelberg 1845-1949“, Heidelberg 1986
Da die mit der VVN-BdA Mannheim und den Naturfreunden Mannheim geplante Feier zum 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus am 8. Mai und die Demonstration in Heidelberg am 9. Mai unter den gegebenen Umständen nicht staffinden können, werden wir hier in loser Folge Beiträge mit regionalem Bezug zur Befreiung vom Faschismus veröffentlichen.
NIE WIEDER FASCHISMUS! NIE WIEDER KRIEG!