Gedenken an die Lechleiter Gruppe in Mannheim
3. September 2014
Alljährlich findet in Mannheim am 15. September eine Veranstaltung der Mannheimer Kreisvereinigung der VVN/BdA statt, um der antifaschistischen WiderstandskämpferInnen der „Vorbote“-Gruppe um Georg Lechleiter zu gedenken. In diesem Jahr wird die Heidelberger Kreisvereinigung der VVN/BdA dort mit einem Redebeitrag vertreten sein.
Zur gemeinsamen Anreise wird es einen Zugtreffpunkt geben: 16:50 Uhr am Hauptbahnhof. Wir nehmen den Zug um 17:03
Rückfahrt ab MA Hbf 19:30 oder 19:58 möglich.
Die Daten zur Veranstaltung:
Montag, 15. September 2014 – 18.00 Uhr
Gedenken an die WiderstandskämpferInnen der Lechleiter-Gruppe
Ort: Lechleiter-Platz, Mannheim-Schwetzingerstadt
Veranstaltet von: VVN/BdA Mannheim
Hintergrundinformationen (von VVN/BdA Mannheim):
Wer war die Lechleiter-Gruppe?
Wegen aktivem Widerstand gegen den Naziterror und den von Hitler begonnenen Angriffskrieg wurden am 15. September 1942 und am 23. Februar 1943 insgesamt 19 Mitglieder der Widerstandsgruppe um Georg Lechleiter in Stuttgart auf dem Schafott ermordet.
Warum wurden diese Menschen hingerichtet?
Sie haben ihre Opposition und ihren Widerstand gegen Hitler und seine Terrorherrschaft auch nach 1933 aktiv betrieben. Die Antifaschistinnen und Antifaschisten der Lechleitergruppe bekämpften den Rassenwahn und die Kriegs- und Expansionspolitik durch Wort und Schrift.
Sie waren Aufklärer unter lebensgefährlichen Bedingungen. Jedes Treffen, jedes Flugblatt, jede Solidarität und jede Nutzung von alternativen Informationsquellen wie z.B. Schriften, Bücher oder Radiosendungen waren lebensgefährlich.
Als die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion 1941 überfiel, gab die Gruppe die illegale Zeitung „Der Vorbote“ heraus. Ihr Motto lautete:
„Hitler hat den Krieg begonnen – Hitlers Sturz wird ihn beenden!“
Wer waren die Mitglieder der Lechleiter-Gruppe?
Es waren Arbeiter, Angestellte, Hausfrauen und Rentner, die überwiegend in Mannheim lebten und arbeiteten. Einige Mitglieder kamen auch aus Heidelberg und Jlvesheim. Sie waren politisch links stehend, aktive Mitglieder der Gewerkschaft, Sozialdemokraten, Sozialisten oder Kommunisten, die bereits vor 1933 als betriebliche Funktionäre oder als gewählte Abgeordnete tätig waren. So gehörten Henriette Wagner und Georg Lechleiter als Abgeordnete der KPD dem Mannheimer Gemeinderat an, Georg Lechleiter war auch gewähltes Mitglied des Badischen Landtages.
Wie hat die Gruppe ihre Arbeit organisiert?
Mitglieder der Gruppe waren in 7 Mannheimer Großbetrieben beschäftigt. Material aus Betrieben und aus Radiosendungen wurden zu Artikeln verarbeitet, per Bote nach Heidelberg zum Schreiben gebracht. Dort wurden Wachsmatrizen beschrieben und erneut per Bote zurück nach Mannheim gebracht. Im Keller von Philipp Brunnemer in Mannheim Gartenstadt stand ein Abziehapparat mit dem die Zeitung gedruckt wurde. Die gedruckten Zeitungen wurden von Jakob Faulhaber an die Mitglieder in den Betriebsgruppen verteilt, die sie an zuverlässige Kollegen und Mitstreiter verteilten.
Inhaltlich wurde Stellung gegen den Krieg bezogen, über die Gewinner am Krieg geschrieben und die Siegesmeldungen der Nazis durchleuchtet. In der letzten Ausgabe des Vorboten hieß es:
„Die wahren Herrscher vom 3. Reich, die Herren von Kohle und Stahl, mitsamt ihrem willfährigen Schwarm mittlerer und kleinerer Ausbeuter haben unter der Naziherrschaft geradezu unglaubliche Gewinne aus den Knochen der Arbeiter heraus geschunden.“
Die Verdoppelung des Kapitals bei Lanz, Grün und Bilfinger, bei der Steinzeug u.a. wurde angeprangert. Die Arbeiter mussten Lohnstopp, steigende Preise und ständig knapper werdende Lebensmittel dafür in Kauf nehmen. Die Antifaschisten haben ihre Argumente gegen den Krieg dargelegt und ihre Zukunftsvisionen eines demokratischen, antifaschistischen und sozialistischen Deutschlands vorgestellt.
Wie reagierten die Nazis?
Jegliche Opposition war den Nazis ein Dorn im Auge. Sie bespitzelten und bekämpften die Opposition und deren aktiven Widerstand. Vier Ausgaben des „Vorboten“ konnten erscheinen, die 5. Ausgabe wurde beschlagnahmt. Die Gestapo kam der Gruppe durch Verrat auf die Spur. Ende Februar 1942 wurden frühmorgens über 60 Männer und Frauen aus Wohnungen oder Betrieben verhaftet.
32 von ihnen wurde der „Prozess“ gemacht. Es gab 19 Todesurteile, 8 lange Zuchthausstrafen, KZ-Haft und Verbannung ins Strafbataillon 999. Die Namen der hingerichteten und bei der Folter umgekommenen Mitglieder sind unvergessen:
Georg Lechleiter, Jakob Faulhaber, Rudolf Langendorf, Käthe Seitz und Alfred Seitz, Philipp Brunnemer, Ludwig Moldrzyk, Anton Kurz, Eugen Siegrist, Robert Schmoll, Max Winterhalter, Daniel Seizinger, Johann Kupka, Rudolf Maus, Henriette Wagner, Albert Fritz, Ludwig Neischwander, Richard Jatzek, Bruno Rüffert
Bei Verhören ermordet:
Hans Heck, Fritz Grund, Hans Probst
Welche Lehren ziehen wir aus ihrem Widerstand für heute?
Mit ihrem Mut Nein zu sagen, sind sie Vorbild für uns. Sie haben der ganzen Welt gezeigt, dass Widerstand auch in dunkelster Zeit möglich war. Und uns als Antifaschistinnen und Antifaschisten ermuntert, heute aktiv gegen Kriegseinsätze und faschistische Hetze einzutreten. „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!“, dieser Schwur der selbstbefreiten KZ-Häftlinge 1945 in Buchenwald ist und bleibt unser Handlungsmotiv als VVN-Bund der Antifaschisten.
Jährlich treffen wir uns am 15. September am Georg-Lechleiter-Platz zur Gedenkveranstaltung für die ermordeten Mitglieder der Widerstandsgruppe.
Was geschah mit den Tätern?
Kurt Burchardt, der Hauptdenunziant der Lechleitergruppe, war Unterscharführer der SS. Er wurde nach 1945 zu 8 Jahren Arbeitslager verurteilt.
Sondergerichtsvorsitzender Hermann Cuhorst, der in Stuttgart bei 16 Verhandlungen gegen Antifaschisten den Vorsitz führte und einige Todesurteile fällte, wurde wegen „fehlender“ Beweise freigesprochen, da die Akten bei Bombenangriffen verbrannt seien, wie es hieß. Seine Beamtenrechte wurden ihm abgesprochen.
Viele Täter aus der Justiz bekamen nach 1945 gute Pensionsgehälter oder konnten erneut im Justizapparat ihre Karriere fortsetzen.