Grußwort der VVN-Bda Heidelberg am 4.6.2021 in Hirschhorn
5. Juni 2021
Ende Mai 2021 waren die Schaufenster des DGB-Büros Hirschhorn, das seinen Sitz in der ehemaligen Synagoge hat, Ziel eines Angriffs von Nazis, die über das dort aushängende Plakat mit der Aufschrift „Gegen jeden Antisemitismus“ faschistische Symbole anbrachten. Für den 4. Juni 2021 riefen der DGB Hirschhorn, Mosbach gegen Rechts, die VVN-BdA Heidelberg und andere antifaschistische und zivilgesellschaftliche Organisationen zu einer Kundgebung gegen Antisemitismus und Rechtsradikalismus auf. Die VVN-BdA Heidelberg steuerte zudem ein Grußwort bei:
Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der AntifaschistInnen Heidelberg ist entsetzt über den antisemitischen und faschistischen Angriff auf das DGB-Büro Hirschhorn. Der DGB wurde in diesem Fall nicht wegen seines gewerkschaftlichen Engagements angegriffen, sondern wegen seiner klaren und offenen Positionierung gegen Antisemitismus und Rassismus. Mit solchen Attacken sollen Menschen und Organisationen, die sich aktiv gegen rechte und menschenverachtende Umtriebe positionieren, eingeschüchtert und mundtot gemacht werden.
Der Angriff reiht sich ein in eine unendlich lange Serie von immer häufigeren und immer brutaleren Anschlägen auf Einzelpersonen und Einrichtungen, die nicht in das Weltbild der Nazis passen oder die sich den braunen Horden engagiert entgegenstellen. Die Morde des Naziterrornetzwerks NSU, der antisemitische Anschlag auf die Synagoge von Halle, die rassistischen und antiziganistischen Morde von Hanau, der Mord an Walter Lübcke – das alles sind keine Einzelfälle verwirrter Einzeltäter, wie sie von Regierungen, Behörden und Medien oft kleingeredet werden, sondern nur die Spitze eines gewaltigen Eisbergs, der uns alle in immer massiverer Form bedroht. Die faschistischen Drohschreiben des NSU 2.0 gegen bekannte OpferanwältInnen und AntirassistInnen, die Brandanschlagsserie auf linke Projekte im Rhein-Main-Raum in den Jahren 2018/2019, die zahllosen Anschläge auf antirassistische Einrichtungen und auf Büros der Partei Die.Linke oder einzelner Abgeordneter, die klare Kante gegen Rechts gezeigt hatten – die faschistischen Angriffe werden immer häufiger und immer mörderischer.
Wir fordern, diese Gefahr nicht kleinzureden, sondern ihr gemeinsam und entschlossen entgegenzutreten. Anstatt antifaschistische AktivistInnen mit Repression zu überziehen, wie es derzeit wieder flächendeckend geschieht, sollten die staatlichen Stellen die mörderischen Nazistrukturen nicht länger als „Einzelfälle“ abtun, sondern an ihrer Bekämpfung mitwirken – auch und gerade dann, wenn die Spuren in die staatlichen Behörden weisen, vom so genannten Verfassungsschutz bis hin zu den rechten Netzwerken in zahllosen Polizeistellen und in der Bundeswehr, die derzeit fast im Wochentakt bekanntwerden.
Doch gerade angesichts dieser Verwicklung von faschistischen Netzwerken und Teilen der Behörden können wir uns nicht auf den Staat verlassen. Es ist an uns als AntifaschistInnen, als zivilgesellschaftliche und demokratische Gruppen, als VerteidigerInnen elementarer Grund- und Menschenrechte, dass wir gemeinsam und entschlossen zusammenstehen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen von den rechten Umtrieben, sondern aktiv allen Formen von Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und anderem rechten Gedankengut entgegentreten und den Rechten keinen Fußbreit überlassen – nicht im öffentlichen Raum, nicht in den Köpfen, nicht in den Parlamenten und auch nicht in den Behörden.
Wir als Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der AntifaschistInnen Heidelberg tragen das Erbe der überlebenden NS-Verfolgten weiter. Wir fühlen uns dem Schwur der Häftlinge von Buchenwald verpflichtet, die bei ihrer Befreiung schworen:
„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“
In diesem Sinne stehen wir solidarisch an der Seite des DGB Hirschhorn.