Widerstand gegen den Faschismus und Neubeginn nach der Befreiung: Sophie Berlinghof
7. Mai 2020
Die in Handschuhsheim geborene Sophie Berlinghof (1910-2002) war aktives Mitglied der Roten Studentengruppe an der Universität Heidelberg sowie des Kommunistischen Jugendverbands. Wegen ihrer politischen Tätigkeit wurde sie im Frühsommer 1933 in der lokalen NS-Presse öffentlich diffamiert und wenig später von der Universität relegiert. Im August 1933 verschleppten die Nazis Sophie Berlinghof nach einem konspirativen kommunistischen Treffen für zwei Wochen in „Schutzhaft“ in das Heidelberger Gefängnis am Faulen Pelz.
Direkt nach ihrer Entlassung schloss sie sich wieder KPD-Widerstandsgruppen an und erlebte die Verhaftung vieler enger GenossInnen, blieb aber selbst von weiteren schweren Repressionsschlägen verschont.
Nach der Befreiung beteiligte sie sich an der Neugründung der KPD und dem Aufbau der VVN. Als Gemeinderätin musste Sophie Berlinghof 1956 das erneute Verbot der KPD und die damit verbundenen Repressalien erleben. Als Vorstandsmitglied und Sprecherin war sie noch bis in die 1990er Jahre Herz und Gesicht der VVN-BdA Heidelberg und gab durch zahllose antifaschistische Stadtrundgänge und Zeitzeuginnengespräche ihr Wissen an spätere Generationen weiter.
Über die Befreiung und den Neubeginn 1945 berichtet Sophie Berlinghof in einem unveröffentlichten Interview, das im Stadtarchiv Wiesloch liegt:
„Jedes Kind wußte ja, Heidelberg wird geschont. Man sagte ja immer: ‚Heidelberg werden wir schonen, denn dort wollen wir mal wohnen‘. Das war so die Redewendung, ungefähr. (…)
Am Karfreitag morgens um halb 8 kamen die Amerikaner. Die alten Nazis waren dann keine Nazis mehr. Die Kreisleitung und ein Großteil des Anhangs sind nach dem Osten abgezogen, nach Sinsheim, teils sogar bis rein ins Bayrische, in Berchtesgaden waren sogar welche, wo der ‚Führer‘ sein Quartier hatte. Von dort haben sie allerdings die Jugend aufgestachelt: ‚Ihr müßt Euch verteidigen‘. Sie sind in Sicherheit gegangen. (…)
Wir haben sofort von der Partei Verbindung mit der SPD aufgenommen, vor allem auf gewerkschaftlichem Boden. (…) Die Parteien wurden ja erst im Oktober zugelassen. Das war aber bereits im April. Es waren Vorgespräche zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten, vor allem wegen der gewerkschaftlichen Basis, was der Amerikaner, der kam ja dahinter, damals verbot. (…)
Man hat die ehemaligen Stadträte, die vor 1933, wieder geholt. Da war der alte Honickel von der Zentrumspartei, Ditton war dabei, Franz Böning war dabei. Es waren also einige alte Stadträte, die damals eingesetzt wurden. (…)
Kommunisten hat man vor allen Dingen in den Wohnungsämtern eingesetzt, weil das das schwierigste Amt war. Man mußte ja Wohnungen beschlagnahmen. Den Kommunisten hat man dieses Ressort übergeben und hat sie praktisch schon damals dadurch diffamiert. (…) Ich war in der Wohnungskommission.“
aus: Interview Sophie Berlinghof, unkorrigierte Transkription, StA Wiesloch, 685 1-23