Demonstration zum 80. Jahrestag der Befreiung am 10. Mai
4. Mai 2025
80 Jahre Tag der Befreiung vom NS-Faschismus: Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg! Der 8. Mai muss Feiertag werden! Unter diesem Motto wird es am Samstag, dem 10. Mai 2025, in Heidelberg eine Demonstration zum Gedenken an die Opfer des NS-Faschismus und in Solidarität mit allen antifaschistischen Kräften geben. Hiermit wollen wir unseren Forderungen nach einer Welt des Friedens und der Freiheit ohne Ausgrenzung und Menschenverachtung Nachdruck verleihen. Treffpunkt ist um 14 Uhr an der Stadtbücherei in der Poststraße.
Im Folgenden veröffentlichen wir die Langversion des Aufrufs:
Am 8. Mai 2025 jährt sich zum 80. Mal der Tag der Befreiung vom NS-Faschismus und die Beendigung des von Nazi-Deutschland begonnenen Angriffs- und Vernichtungskriegs.
Nachdem das faschistische Deutschland ganz Europa in Schutt und Asche gelegt und ausgeplündert, Jüdinnen und Juden, Rom*nja, Sinti*zze, Kranke, Menschen mit Behinderung, Zwangsarbeiter*innen, queere Menschen, Kommunist*innen, Sozialist*innen – alle, die nicht in das Weltbild der Nazis passten – verschleppt, misshandelt und ermordet hatte, musste die faschistische Wehrmacht im Mai 1945 vor den Armeen der Anti-Hitler-Koalition und den antifaschistischen Partisan*innen Europas kapitulieren.
Am 8. Mai Tag wurde nahezu ganz Europa von Faschismus und Krieg befreit. In Deutschland empfanden vor allem die Überlebenden der Shoah, der Konzentrationslager und Zuchthäuser sowie ihre Angehörigen und die befreiten Zwangsarbeiter*innen den 8. Mai als den lang ersehnten Tag der Befreiung. Aber auch wir alle, die wir heute leben, verdanken die Chance eines Lebens in Frieden, Freiheit und Vielfalt den alliierten Streitkräften.
Unvergessen bleibt der Beitrag, den der antifaschistische Widerstand in Deutschland, in der Emigration, in Partisan*innenenverbänden und in den Streitkräften der Anti-Hitler-Koalition geleistet hat. Wir erinnern auch an die Deserteure, die sich der Teilnahme am Vernichtungskrieg verweigerten, sowie an jene Menschen, die sich in den letzten Tagen des NS-Regimes z.B. mit dem Hissen von weißen Fahnen oder der Übergabe von Städten und Dörfern an die Alliierten der Aufforderung zum Endkampf entzogen.
Mehr als 55 Millionen Menschen fielen Nazi-Terror, Shoah und Vernichtungskrieg zum Opfer. Sie bezahlten den deutschen Griff nach der Weltherrschaft mit unvorstellbarem Leid und ihrem Leben. Die Hauptlast musste die Sowjetunion tragen, die 27 Millionen Tote zu beklagen hatte. Die Rote Armee leistete den größten Beitrag zur Befreiung Europas. Es ist daher völlig inakzeptabel, wenn dies heute bei offiziellen Gedenkfeiern ausgeblendet und russischen Vertreter*innen die Teilnahme untersagt wird.
In nahezu allen von Nazi-Deutschland besetzten Ländern wurden der 8. und/oder der 9. Mai gesetzliche Feiertage. 40 Jahre hat es gedauert, bis ein Präsident der Bundesrepublik den 8. Mai als Tag der Befreiung anerkannt und gewürdigt hat. Bis dahin hatte die Sicht der Nazis, der Profiteur*innen, Mitläufer*innen und Zuschauer*innen das offizielle Vokabular geprägt: Zusammenbruch, Kapitulation, Niederlage, Besatzung, Stunde Null, Neubeginn. Mit Richard von Weizsäckers Rede 1985 wurde die Perspektive der Verfolgten des Nazi-Regimes „gesellschaftsfähig“.
Zu einem Tag des Gedenkens, der Erinnerung und Mahnung wurde der 8. Mai in der Bundesrepublik jedoch nicht. Auch 2025 weigert sich die Bundesregierung, den 8. Mai als staatlichen Gedenk- und Feiertag zu begehen, obwohl sogar einige Bundesländer dies bereits tun. Auch die Gewerkschaften befürworten die Einrichtung eines allgemeinen Feiertags zur Erinnerung an die Befreiung.
Esther Bejarano (1924-2021), Auschwitz-Überlebende und Ehrenvorsitzende der VVN-BdA, forderte wenige Wochen vor ihrem Tod: „Der 8. Mai muss ein Feiertag werden! Ein Tag, an dem die Befreiung der Menschheit vom NS-Regime gefeiert werden kann. Das ist überfällig seit sieben Jahrzehnten. Und hilft vielleicht, endlich zu begreifen, dass der 8. Mai 1945 der Tag der Befreiung war, der Niederschlagung des NS-Regimes. Am 8. Mai wäre dann Gelegenheit, über die großen Hoffnungen der Menschheit nachzudenken: Über Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – und Schwesterlichkeit.“
Auch wir fordern, dass der 8. Mai als Tag der Befreiung von NS-Faschismus und Krieg endlich in ganz Deutschland ein offizieller Gedenk- und Feiertag wird, um den Tag zu feiern, den der als Jude und Kommunist verfolgte Kämpfer der Résistance Peter Gingold 1945 in Paris als „Morgenröte der Menschheit“ erlebt hat.
Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und gesellschaftliche Ausgrenzung haben – nicht erst seit dem Aufstieg der AfD zum parlamentarischen Arm der extremen Rechten – Konjunktur. Immer wieder kommt es zu gewaltsamen Übergriffen auf Geflüchtete, die durch die Hetze von AfD und Konsorten befeuert werden. Dabei reicht die Liste der Hetzer*innen bis ins konservative Lager. Der rasante Aufstieg neofaschistischer und extrem rechter Kräfte in vielen europäischen Ländern, der einhergeht mit autoritärer Formierung und der Zuspitzung gesellschaftlicher Auseinandersetzungen, verlangt entschiedenen Widerstand.
Deutschland soll aktuell wieder „kriegstüchtig“ gemacht werden, damit es sich – im Rahmen von EU und NATO – in die Liste kriegführender Länder einreihen kann. Das betrifft viele Bereiche: die Gesellschaft, die Wirtschaft (hier besonders die Rüstungsindustrie) und andere Bereiche, bis hin zu Krankenhäusern. Dieses Vorhaben stellt einen Bruch mit dem Nachkriegskonsens „Nie wieder Krieg von deutschem Boden“ dar, auf dem das Friedensgebot des Grundgesetzes basiert. Milliarden Euro sollen in Militär und Rüstung fließen, während in sozialen Bereichen massiv gekürzt wird. Die gesellschaftliche Militarisierung geht zu Lasten der sozialen Sicherung, Gesundheitsversorgung, Bildung sowie Maßnahmen gegen den Klimawandel.
In vielen Ländern der Welt toben Kriege, an denen auch – gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung – deutsche Waffen und Truppen beteiligt sind.
Diese Kriege verursachen zahllose Opfer, Verfolgung, Hunger und Not. Sie treiben Millionen von Menschen in die Flucht. Die EU reagiert nicht humanitär, sondern mit Abschreckung und Abschottung. In Deutschland geht das einher mit Forderungen nach schneller Abschiebung von Geflüchteten in vom Krieg völlig zerstörte Herkunftsländer. Die Liste der Fordernden füllt sich dabei nicht nur mit Vertreter*innen der neofaschistischen AfD, sondern auch aus den Reihen von CDU/CSU und SPD.
Wir erinnern am 8. Mai an die Hoffnung der Befreiten auf eine Welt ohne Kriege, Elend und Unterdrückung und treten für eine neue Welt des Friedens und der Freiheit ein, wie es die befreiten Häftlinge des KZ Buchenwald geschworen haben:
„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“
Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!
Die Kapitulation des NS-Faschismus, die Befreiung der Überlebenden und die „Morgenröte der Menschheit“ werden wir in Heidelberg feiern und wir fordern – wie schon unsere 2021 verstorbene Ehrenvorsitzende und Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano: Der 8. Mai muss Feiertag werden!