Grußwort der ver.di-Jugendsekretärin Marianne Bretzel am 1.11.

3. November 2021

Bei der Gedenkfeier am 1. November 2021 auf dem Bergfriedhof hielt Marianne Bretzel, ver.di-Jugendsekretärin aus Mannheim, das folgende Grußwort:

Liebe Genoss*innen, liebe Kolleg*innen,

in Hanau und in Halle haben Attentäter aus rassistischen und antisemitischen Motiven Menschen ermordet. Die Medien sprechen von Einzeltätern. An der deutsch-polnischen Grenze machen Nazis gezielt Jagd auf Geflüchtete.

Ortskräfte in Afghanistan werden einfach zurückgelassen. Dorthin wollte die CDU noch im August abschieben. Für die Tode von Oury Jalloh, Dominique Kouamayo, Christy Schwundeck, Hussam Fadl, Matiullah Jabarkhil, Amad Ahmad und Rooble Warsame wurde bis heute niemand zur Verantwortung gezogen. Sie alle starben durch Polizist*innen oder in Polizeigewahrsam. Achidi John starb an den Folgen eines Brechmitteleinsatzes durch die Polizei Hamburg. Eine Untersuchung zu struktureller rassistischer Polizeigewalt lehnt das Innenministerium ab.

Verschiedene Schwarze Autorinnen und Autorinnen of Colour mussten ihren diesjährigen Auftritt bei der Buchmesse absagen, da ihre Sicherheit nicht garantiert werden kann, auch weil die Frankfurter Buchmesse mit rechten Verlagen wie „Jungeuropa“ kokettiert. In der Literaturwelt wird debattiert, ob Boykott der Buchmesse nicht schade und man solle doch miteinander reden.

Die AfD sitzt in allen Landesparlamenten und zum zweiten Mal im Bundestag. Von nun an kann sie ihre Ideologie durch ihre Desiderius-Erasmus-Stiftung mit staatlichen Geldern weiterverbreiten. Vor nicht einmal zwei Monaten haben bürgerliche Parteien vor einem Linksrutsch gewarnt.

Das viel zitierte „Wehret den Anfängen“ passt nicht mehr. Rechte Gewalt und Ideologie gedeihen und ziehen sich durch alle Facetten unserer Gesellschaft. Die oft beschworene „Mitte“ verschiebt sich immer mehr nach rechts und menschenfeindliche Ansichten erhalten dadurch eine neue Selbstverständlichkeit.

Umso wichtiger ist es, dass das Gedenken an die Verbrechen des Faschismus nie aufhört. Umso wichtiger ist es, dass wir uns daran erinnern, wie viele Millionen Menschen umgebracht wurden, weil sie nicht in diese rassistische Ideologie passten oder sich dagegen wehrten.

Solchen Menschen gedenken wir heute. Die Gruppe um Georg Lechleiter hat in unserer Region den antifaschistischen Widerstand organisiert, sie haben über das Regime aufgeklärt und dafür mit ihrem Leben bezahlt. Sie haben bewiesen, dass Antifaschismus die Aufgabe jedes und jeder einzelnen ist und sie erinnern uns daran.

Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Neo-nazis und die AfD werden nicht einfach verschwinden. Es ist unsere Aufgabe und unsere Pflicht dagegen Widerstand zu leisten, aufzuklären und für eine offene und tolerante Gesellschaft einzustehen.

Und das immer und überall. In der Straßenbahn, im Betrieb, in der Uni, im Sportverein, in der Schule. Und so schmerzhaft es manchmal sein mag: Auch in der eigenen Familie.

Antifaschismus beginnt bei uns.