Redebeitrag am 21. September in Walldorf

22. September 2020

Rund 100 Menschen haben am 21. September 2020 in Walldorf für eine solidarische Gesellschaft in und nach der Corona-Pandemie demonstriert. Die Kundgebung richtete sich auch gegen eine Veranstaltung von „Querdenken“, zu der rund 50 Teilnehmer*innen kamen. Wir als VVN-BdA Heidelberg waren mit einem Redebeitrag vor Ort.

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Redebeitrag der VVN-BdA Kreisverenigung Heidelberg
auf der Kundgebung „Solidarisch durch die Krise“ am 21.09.2020

Heute versammeln sich auf der Drehscheibe, dem zentralen Platz Walldorfs, so genannte Querdenker. Sie wollen unter dem Motto „Wir für das Grundgesetz“ eine Kundgebung abhalten. Angemeldet wurde die Versammlung von einem einschlägig bekannten rechten Aktivisten aus Nußloch. Ralph Bühler ist Anhänger der AfD, mischt bei den rassistischen Demonstrationen im pfälzischen Kandel mit und hat keine Berührungsängste zur neofaschistischen NPD. In diesem Jahr hat er die so genannten Hygiene-Demos für sich entdeckt. In Mannheim trat er bei Kundgebungen von „Querdenken“ bereits als Redner auf. Seine Hetze gegen die Regierung, gegen Medien, gegen Linke, gegen das Robert-Koch-Institut und andere verbreitet er in regelmäßigen Live-Videos an eine bislang überschaubare Anzahl seiner Fans.

Nach den erfolglosen Bestrebungen, regelmäßige „Montagsspaziergänge“ von Impfgegner*innen, Corona- und Wissenschaftsleugner*innen in Walldorf zu etablieren, hat sich nun Bühler der Sache angenommen. Organisiert mit Unterstützung einiger weniger Walldorfer Bürger*innen, soll heute vorgeblich für demokratische Werte demonstriert werden. Auch heute werden wieder AfD-Anhänger*innen zusammen mit esoterisch angehauchten Bürger*innen sowie „Reichsbürger“ zusammen mit Impfgegner*innen oder QAnon-Anhänger*innen auf der Straße stehen.

Die Bandbreite der Forderungen auf so einer Querdenken-Veranstaltung reicht dabei von halbwegs nachvollziehbaren Aspekten, wie der Kritik an der Einschränkung der Versammlungsfreiheit, bis hin zu kruden antisemitischen Weltverschwörungstheorien, Geschichtsfälschung und Revolutionsfantasien. Manchen dieser „Querdenker“ reicht schon das Trommeln für den Frieden, Yoga gegen das Virus oder das Tragen eines Aluhuts.

Es spielt dabei überhaupt keine Rolle, ob diese sogenannten Querdenker alle Faschisten sind oder nicht. Denn die vollkommene Distanzlosigkeit der so genannten Hygiene-Demonstranten zu „Reichsbürgern“, Neonazis, Antisemit*innen, Rassist*innen und anderen Menschenfeind*innen ist das eigentliche Problem. Die vermeintliche Überparteilichkeit dieser Demos und Kundgebungen ist eine Farce und dient lediglich als Feigenblatt für die Medien. Inhaltlich sind sie nicht mehr weit von der antisemitischen Hetzschrift „Der Stürmer“ entfernt.
Denn wenn sich die Demonstrant*innen wirklich um Grundrechte sorgen würden, müssten wir sie fragen: Warum wird nicht berechtigte Kritik geäußert an den Zuständen im Pflegebereich? Warum werden keine Befürchtungen geäußert vor einer dauerhaften Einschränkung von Grundrechten? Warum werden die Medien als essenzieller Bestandteil demokratischer Prozesse als „Lügenpresse“ tituliert? Warum werden Journalisten tätlich angegriffen? Wo bleibt die Rücksichtnahme auf Vorerkrankte und Senioren? Wo ist die Solidarität mit den Schwächsten der Gesellschaft, beispielsweise mit Obdachlosen und Geflüchteten?

Die vermeintliche Sorge der Corona-Demonstranten um demokratische Werte oder das Grundgesetz sowie ihre Kritik an den Corona-Maßnahmen dienen lediglich als Vehikel. Mit diesem sollen verschwörungsideologische, völkisch-nationalistische und faschistische Ideologeme weiter in die Gesellschaft transportiert werden. Dass dabei Gewalt mit im Spiel ist, liegt in der Natur des Faschismus. Die so genannten Querdenker halluzinieren davon, dass sie den „Volkswillen“ auf die Straße tragen. Dasselbe Legitimationsmuster nutzen auch Rechtsterroristen, wie die Attentäter von Hanau und Halle, für ihre Mordtaten.

Die „Querdenker“ in ihrer ganzen Heterogenität schüren einen Wahn, der gefährlich ist für die körperliche Unversehrtheit. Covid-19 wird geleugnet oder verharmlost, und Hygienebestimmungen werden bewusst und massenhaft missachtet.

Das Fehlen fortschrittlicher Positionen, sowie eine diffuse Kritik, die sich gegen „die da oben“ richtet, führt zu einfachen Antworten auf sehr komplexe gesellschaftliche Fragestellungen. Verknüpft mit der grundsätzlich berechtigten Kritik an den Einschränkungen während der Pandemie lässt sich dieser Protest sehr leicht mit rechtem Gedankengut aufladen.

Eine einfache Antwort auf die „Querdenker“ gibt es aber nicht. Wir müssen Solidarität den Bestrebungen dieser Kreise entgegensetzen. Dabei muss eine Demokratie diese Versammlungen von „Reichsbürgern“, Neonazis, Verschwörungsanhänger*innen, Antisemit*innen und Rassist*innen und vermeintlich „ganz normalen Bürger*innen“ nicht aushalten. Sie muss konsequent dagegenhalten!

Gemeinsam aus der Corona-Krise! Gegen Rassismus und Antisemitismus!
Gegen jeden Schulterschluss mit Faschisten und Menschenfeinden!
Für eine solidarische Gesellschaft ohne Ausgrenzung und Menschenverachtung!